Chronik Fußball

Der Ball rollt seit 1921

Das Kalenderblatt zeigt den 15. Juni 1921. In der Kegelbahn des Gasthauses „Zum Löwen“ im Untertor 23 trifft sich eine Männerrunde mit dem Ziel, einen

Fußballverein aus der Taufe zu heben. An diesem Mittwoch im Jahr 1921 wird beschlossen, den Fußballclub Germania Erlenbach zu gründen.

Mündlichen Überlieferungen nach gehörten folgende Personen zu den Gründungsmitgliedern: Fritz Hofmann (Onkel von Horst Rüttiger), Johann Hofmann (Vater von Toni Hofmann), die Brüder Karl und Adolf Fischer (Schwiegervater von Helmut Väth), Johann Rummel (Schwiegervater von Franz Dworschak) und der damalige Löwen-Wirt Georg Jeßberger (bekannt unter dem Spitznamen „Schorle“). Weitere Gründungsmitglieder sind nicht überliefert.

Georg Jeßberger wurde zum Vorsitzenden gewählt. Er stand dem FC bis 1937, also bis unmittelbar vor Kriegsbeginn, vor.

Zunächst wurde die Löwenwirts-Wiese im „Brübel“ (hinter dem Gasthof Löwen) als Fußballplatz genutzt. Sie gehörte Georg Jeßberger. Wie und wann der erste

Ball nach Erlenbach gekommen ist, darüber gibt es keine Informationen. Erzählungen besagen, dass der Ball mit dem Postbus aus Würzburg gebracht wurde. Die Post befand sich damals am Ortseingang im Obertor 27. Der Postbus soll sich laut mit Tatütata angekündigt haben, während die Fußballer es nicht erwarten konnten, endlich einen Lederball zu besitzen.

Damals bestanden die Bälle aus braunen, meist eckigen Lederstücken, die mit der Hand zusammengenäht waren. Im Inneren befand sich eine Blase mit einem aus Lederschnüren befestigten Ventil, das nicht selten heraussprang. Doch nicht nur das: Dieses Teil verursachte beim Köpfen mitunter recht heftige Schmerzen.

Schmerzen bereitete den damaligen Fußballern auch ihr Sportplatz. Auf einer Wiese zu kicken und auf die Heuernte zu verzichten, das war ein Dauerzustand. Man wich aus auf den damaligen Dreschplatz hoch droben auf der „Eich“, dorthin also, wo heute der Holzplatz liegt. Dieser Platz war allerdings wegen seiner gewaltigen Unebenheiten nicht beliebt. Acht Jahre nach der Gründung, also im Jahr 1929, wurde im Gemeindewald am „Teufel“ eine Fläche gerodet und als Sportplatz hergerichtet. Pfarrer Philipp Hablitz unterstützte das Vorhaben. Ob man die Fußballer damit zum Teufel jagen wollte? Sicher nicht, Hochwürden Hablitz meinte es gut mit den Sportlern.

Nichtsdestotrotz hatten die Fußballer lange Zeit, übrigens bis in die Nachkriegsjahre hinein, keinen leichten Stand. Sie wurden geduldet, aber sie wurden auch kritisch beäugt. In einem zu jener Zeit streng katholischen Ort wie Erlenbach waren die Fußballer in der sozialen Hierarchie recht weit unten angesiedelt. Dazu später mehr. 

Jedenfalls rollte der Ball ab 1929 am Teufel. Ob ein geordneter Spielbetrieb stattfand, darüber gibt es keine Informationen. Überliefert ist nur, dass bis zum Kriegsbeginn sich immer mehr für das Fußballspiel begeisterten. Die Brüder Bernd und Georg Schwab, Wilhelm Liebler, Michael Liebler, Ernst Liebler, Anton Wiesmann, Andreas Schreck, Karl Hammer, Adelbert Rummel oder H. Haag sind als aktive Spieler in Erfahrung zu bringen. Sicherlich waren es aber noch einige mehr.

Obwohl viele junge Männer nicht aus dem Krieg zurückkehrten, nahm der Fußball schon kurz nach Kriegsende 1945 Fahrt auf. Das lag auch daran, dass viele Familien aus ihrer ostdeutschen Heimat vertrieben wurden und in Erlenbach eine Bleibe fanden. Nur drei Monate nach Kriegsende wurde ein Freundschaftsspiel gegen Marktheidenfeld ausgetragen. Erlenbach siegte 1:0. Aus den Vorkriegszeiten waren noch die alten,rot-weiß gestreiften und die weißen Trikots da. Auch die schwarzen Hosen wurden wieder herausgeholt. Die Not machte erfinderisch. Fleißige Frauen griffen zur Nadel, stickten Ortswappen und nähten sie auf die Trikots. Um ein paar Groschen in die Vereinskasse zu bringen, wurde in den Nachkriegsjahren im Löwensaal Theater gespielt. Josef Väth (Vater von Maria und Willibald Väth) tat sich hier besonders hervor. „Mein Mann, der Rennfahrer“, hieß das Stück, bei dem Edmund Schneider (Vorsitzender von 1950 bis 1963) als Souffleur auf die Sprünge half, wenn der Text mal vergessen worden war. Auch Tanzveranstaltungen fanden mehr und mehr im Löwensaal statt. Franz Gottfried, der bei der damals sehr bekannten Kapelle Wurff mitspielte, hatte dabei ein Heimspiel.

Die Tanzveranstaltungen wurden mitunter mit Argusaugen verfolgt. Es soll vorgekommen sein, dass von besonders streng katholischen Zeitgenossen dem Pfarrer Bericht erstattet wurde, wenn die Röcke der Frauen beim Tanz das Knie mal nicht bedeckten. Dem Ruf der Fußballer schadete auch, dass sie den

Sonntag weniger der Besinnung widmeten, die nachmittägliche Andacht schwänzten und lieber hoch zum Teufel gingen als in die Kirche.

Dort oben am Teufel hatte sich nach dem Krieg einiges verändert. Der Platz wurde gesprengt, von Steinen befreit und mit Erdreich aufgefüllt, das vom

Anwesen Ketteltor 32, wo Gottfried Väth eine Scheune baute, stammte. Mit mühsamer Handarbeit wurde die Erde abgetragen und mit Pferde- und Kuh-Fuhrwerken zum Sportplatz transportiert. Der Punktspielbetrieb fing wieder an, und die Erlenbacher wurden auf Anhieb Meister der Bezirksklasse Würzburg. Am zweiten Osterfeiertag 1948 war dann quasi zur Einweihung des hergerichteten Platzes am Teufel die AH-Mannschaft des 1. FC Nürnberg zu Gast. Übrigens: Seitdem sind die Vereinsfarben nicht mehr rot-weiß, sondern dem 1, FC Nürnberg geschuldet, rot-schwarz.

Das war damals ungefähr so, als wäre später die AH des FC Bayern München mit Maier, Beckenbauer und Müller in Erlenbach aufgelaufen.

Mit dabei war auch die Torwart-Legende Heiner Stuhlfauth, einer der ersten großen Stars des deutschen Fußballs. Während seiner Zeit beim 1. FC Nürnberg avancierte er zum deutschen Nationalspieler. Er gewann fünf deutsche Meistertitel (1920, 1921, 1924, 1925 und 1927) und galt neben dem Spanier Ricardo Zamora zu seiner Zeit als einer der besten Torhüter der Welt. Von 1918 bis 1922 verlor der Club mit ihm kein einziges von 104 Verbandsspielen. Stuhlfauth betrachtete den 10:2-Sieg seines Clubs in Erlenbach nur noch als Zuschauer; er war ja auch schon 52 Jahre alt. Aktiv am Ball in Erlenbach waren aber so bekannte Größen wie Karl Gußner (Deutscher Meister 1936 und 441 Spiele für den Club), Max Eiberger, Willi Kund und Alwin Riemke. Noch heute tragen Zuschauerblöcke im Nürnberger Stadion ihre Namen.

Die Nürnberger hatten tags davor in Rothenfels gespielt und 4:0 gewonnen.

Sie kamen in die Dörfer nicht wegen des schnöden Mammons wegen, sondern nur aus dem einen Grund: Hier wurden sie verköstigt, bekamen Essen aufgetischt, das in den Städten so knapp war. Und hier erhielten sie auch noch Säckeweise Kartoffeln, die sie mit nach Hause nehmen durften. Spiele von

Stadtmannschaften auf dem Land bezeichnete man deshalb in der damaligen Zeit auch als Kartoffelspiele.

Auch das Gastspiel von Schalke 04 in Würzburg war ein solches Kartoffelspiel. Der Schalker berühmt-berüchtigte Kreisel mit Ernst Kuzorra und Fritz Szepan trat gegen eine Würzburger Stadtauswahl an. Zum 4:0-Sieg der Würzburger steuerte Karl Seffern zwei Tore bei. Seffern war aus dem ausgebombten Düsseldorf nach Erlenbach gekommen und hatte maßgeblich Anteil am sportlichen Aufschwung nach dem Krieg. Er war, so ist überliefert, ein außergewöhnlich guter Fußballer, schnell und ausgestattet mit einem ebenso präzisen wie unglaublich harten Schuss. Karl Seffern wohnte mit seiner Familie in einem inzwischen abgerissenen Haus in der Strumpfgasse. Dass er bei der Fahrbereitschaft in Marktheidenfeld arbeitete, war für Erlenbachs Fußballer sicher kein Nachteil. In einer Zeit, als vieles reglementiert war, waren u. a. auch Benzin-Gutscheine schwer zu bekommen. Wollten die Erlenbacher also zu ihren Spielen mit dem Militärbus nach Frammersbach, Partenstein oder in den Sinngrund fahren, war das nur möglich, wenn auch der Tank voll war. Sefferns Beziehungen machten vieles leichter. Und seine fußballerischen Qualitäten natürlich auch. Fünf Jahre spielte er für Erlenbach, ehe er nach Düsseldorf zurückkehrte. Mit Torwart Hermann Schneider den Verteidigern Alwin Rummel, Konstantin Altheimer, Mittelläufer Karl Vombach, den Außenläufern Gottfried Väth und Josef Väth, den Außenstürmern Hubert Schneider und Hugo Kunz, den Halbstürmern Walter Väth, Neßwald und Mittelstürmer Karl Seffern wurde u. a. auch eine Meisterschaft errungen. Auch Wilhelm Meller gehörte dieser Mannschaft an.

Eine Begebenheit aus diesen Tagen zeigt, mit welch' heute unvorstellbaren Problemen die Fußballer zu kämpfen hatten: Als sich Hugo Kunz beim Spiel in

Marktheidenfeld das Bein brach, war keine Trage vorhanden. Kurzerhand hob man von einem der angrenzenden Gärten eine Holztür aus den Angeln und

transportierte den Verletzten ab.

Übrigens: Karl Seffern blieb Erlenbach auch nach seiner Rückkehr an den Rhein verbunden. Bis in die 70er Jahre verbrachte er mit seiner Frau den Urlaub im „Löwen“ und später in der „Traube“ in Erlenbach. Doch nicht nur Karl Seffern war für den Verein ein Glücksfall. Es gab auch auch viele andere, denen das Wohl des Vereins sehr am Herzen lag. Genannt sei an dieser Stelle Lorenz Schneidenbach, ein Edelhelfer, der sich als Zeugwart liebevoll um damals so wichtige Schätze wie Bälle und Trikots kümmerte und unermüdlich unzählige Arbeitsstunden am Teufel leistete.

Not und Elend kennzeichneten die Nachkriegsjahre. Einige Fußballer waren mit Verletzungen heimgekehrt, waren abgemagert bis auf die Knochen. Doch

das soziale Umfeld, sprich das Vereinsleben, half ihnen über vieles hinweg und löste nach und nach eine Art Aufbruchstimmung aus. Man unternahm gemeinsame Ausflüge, fuhr mit den Familien mit dem Schiff von Lengfurt aus nach Faulbach, um dort ein Freundschaftsspiel zu bestreiten. Rasierklingen wurden verkauft, um einen neuen Trikotsatz zu erhalten. Und die Kameradschaft war wichtig. Gemeinsam schmetterte man das Vereinslied:

Schwarz-weiß-rot sind unsere Fahnen/die voran im Winde wehen/eilt herbei ihr Fußballspieler/haltet euer Wort, haltet euren Klub in Ehren/dass er lebe fort/der Erlenbacher Fußballsport soll leben/hipp-hipp-hurra – Germania“ 

Sogar eine Jugendmannschaft wuchs heran, die Anfang der 50er Jahre einmal wöchentlich trainierte, aber keine Verbandsspiele bestritt. Doch es kamen auch weniger erfolgreiche Zeiten. Zwischenzeitlich konnte nicht einmal eine Mannschaft gestellt werden. Sportliche erfolgreich waren die Fußballer erst wieder Ende der 1960er Jahre. 1969 gelang dann der Aufstieg in die damalige B-Klasse (heute Kreisklasse) und 1973 wurde die erste Mannschaft ungeschlagen Meister der B-Klasse und stieg in die A-Klasse (heute Kreisliga) auf.

 

Am 18. Juli 1976 erfolgte die Einweihung des neuen Sportplatzes an der Lengfurter Straße. Zu Gast war der damalige Zweitligist 1. FC Nürnberg. Das Spiel endete vor 2000 Zuschauern mit einem für Erlenbach sehr beachtlichen 2:2.

 

Herausragende Spieler waren in dieser Zeit Konrad Altheimer und Alfred Fersch. Konni war ungemein schnell und schussstark. Ein Mittelstürmer, der bei den Gegnern Angst und Schrecken verbreitete. In der so erfolgreichen B-Klassensaison erzielte er 43 Tore. Bei einem Spiel in Altfeld steuerte er neun Treffer zum 13:1-Sieg bei. Alfred Fersch, der vorübergehend zwei Jahre lang beim damals so erfolgreichen SV Birkenfeld spielte, war ein Allround-Talent mit einem großen Kämpferherz. Als Abwehrstratege war er maßgeblich daran beteiligt, dass in der Saison 1979/80 die Meisterschaft in der A-Klasse errungen wurde und der Aufstieg in die Bezirksliga Unterfranken West gelang. Nach dem entscheidenden Spiel in Gräfendorf war der ganze Ort auf den Beinen. Franz Gottfried erwartete mit seinen Musikanten am Ortseingang die Fußballer. Dort schloss sich der Musikkapelle eine Wagenkolonne an, bestehend aus lauter „Enten“ (2CV, Citroen). Der Triumphzug führte mit Pauken und Trompeten übers Untertor und Brückentor zur Festhalle. Viele Bürger standen am Wegesrand und jubelten den Meisterkickern zu. Einige beflaggten sogar ihre Häuser.

Zum Saisonende 1984 reichte es nicht zum Klassenerhalt und die Mannschaft spielte bis zur Saison 1990/91 in der A-Klasse Main-Spessart (heute Kreisliga).

1991 stieg die Mannschaft wiederum in die Bezirksliga auf. Bereits fünf Spieltag vor Rundenschluss war der Aufstieg perfekt.

Doch nur ein Jahr später ging es zurück in die A-Klasse (heute Kreisliga). 

Weitere zwei Jahre später (1995) war der Abstieg in die B-Klasse (heute Kreisklasse) besiegelt.

Ab Mitte der 90er Jahre erlangte der SV Erlenbach für seine vorbildliche Jugendarbeit einen guten Ruf. Die A-Junioren spielten zweimal in der Kreisliga. Im Jahr 2002 wurde dem Verein der Sepp-Herberger-Preis verliehen. Zwischenzeitlich hatte sich auf Initiative von Maria Fersch auch eine Mädchenmannschaft  gebildet, die jedoch nach einigen Jahren wieder aufgelöst werden musste 2008 erfüllte sich ein lange gehegter Wunsch der Fußballer. Nachdem die

Umkleidekabinen an der Festhalle nach 30 Jahren ausgedient hatten, wurde auf Initiative des Abteilungsleiters Uli Väth ein neues Servicegebäude auf dem Sportgelände erstellt. Die vorherigen Umkleiden wurde zu einem Klubraum umgebaut. Einige Jahre später wurde auf dem Rasenplatz eine Beregnungsanlage eingebaut.

Seit dem Jahre 2010 war der SV Erlenbach Mitglied der Jugendfördergemeinschaft Main-Spessart Süd. Hier spielten Jugendliche aus den Vereinen SV Erlenbach, TSV Homburg, SV Lengfurt und SV Trennfeld in den Altersklassen U13 / U 15 / U17 und U 19 zusammen. Inzwischen wurde die JFG wieder aufgelöst.

 

Die erste Fußballmannschaft spielt aktuell in der Kreisliga, die zweite Mannschaft in der A-Klasse.